Mit zunehmender zivilisatorischer Entwicklung sowie
Industrialisierung des Nordharzes und des Nordharzer Vorlandes
erhöhten sich die Ansprüche der Menschen an Bedarf und Qualität des
Wassers zunehmend. Der Brocken als Quellgebiet vieler Harzflüsse
sowie der Hochharz haben erheblich mehr Niederschläge zu verzeichnen
als die Vorharzer Landschaften. Außerdem fallen die Niederschläge
nicht immer dann, wenn sie auch benötigt werden. Zudem bereiteten,
durch die zunehmende Besiedlung, Hochwasser führende Flüsse immer
wieder große Probleme.
Um den Wasserhaushalt der Region besser steuern zu können sowie
Hochwasserkatastrophen einzudämmen, machten sich Wasserbauingenieure
bereits ab Mitte des 19. Jahrhunderts Gedanken. Ein erstes Konzept
zum Bau einer Bodetalsperre wurde dann 1891 von dem Thalenser
Ingenieur Arnecke erstellt. Seine Planungen gipfelten im Bau einer
etwa 150 Meter hohen Staumauer, die das enge, tief eingeschnittene
Bodetal bei Thale an der Teufelsbrücke absperren sollte. Wären seine
Planungen realisiert worden, wäre ein gewaltiger, etwa 19 km langer
Stausee entstanden, in dem die Ortschaften
Altenbrak und
Treseburg
versunken wären.
Ein weiteres Projekt wurde um 1900 erarbeitet, das erstmals ein
System von 4 Talsperren enthielt. Bestandteil des konzeptionierten
Systems waren eine Hauptbecken im Rappbodetal, eine Talsperre bei
Rübeland, eine bei
Wendefurth
und eine erheblich kleinere bei der
Teufelsbrücke in
Thale. 1911 wurde dieses Projekt überarbeitet, die
Thalenser Sperre entfiel und es wurden stattdessen zwei Sperren in
der Warmen und der Kalten Bode vorgeschlagen. Es folgte der
1.Weltkrieg und eine Planungsunterbrechung, nach Kriegsende wurden
die Planungen aber umgehend weitergeführt. 1924 wurde dann vom
Talsperrenbauamt
Goslar ein komplettes, realisierbares Projekt
vorgestellt.
Das war der Beginn einer „unendlichen Geschichte“, eines Interessen-
und Lobbyistenkonfliktes der sich über viele Jahre hinzog und
zahlreiche Prozesse nach sich zog. Außerdem war durch die
Hyperinflation kein Geld für solche kostspieligen Großbauprojekte
vorhanden.
Dann aber zum Jahreswechsel 1925/26 passierte im Harz genau dass,
was durch die Talsperren verhindert werden sollte. Bis zum 20.
Dezember gab es überdurchschnittlich starke Schneefälle im Oberharz.
Am 29.12. begann es dann durch Warmlufteinbruch extrem schnell zu
tauen, hinzu kamen starke Regenfälle bis zu 74 l/qm. Etwa 130 cm
Schnee, plus dem Regenwasser, kam innerhalb von 2 Tagen zum
Abfließen. Diese unglücklich zusammentreffenden Umstände führten zum
extremsten Hochwasser, was für das Einzugsgebiet Kalte und Warme
Bode sowie Rappbode angenommen werden kann. Es war ein gewaltiges
Hochwasser im Nordharz, das in dieser Silvesternacht in die Ebene
schoss. Zum Glück waren keine Menschenleben zu beklagen, aber ein
gewaltiger materieller Schaden an baulichen Anlagen aller Art war
entstanden.
Trotzdem gab es bei der Realisierung der Talsperrenobjekte keinen
Fortschritt. Auch die Gründung des Talsperrenbauamtes Quedlinburg
1928 brachte keine positiven Veränderungen. Nach der Machtübernahme
durch die Nationalsozialisten 1933 begann man kurzfristig mit
Bauarbeiten an diversen Teilobjekten, vorrangig mit dem Einsatz von
Zwangsarbeitern. Mit den beginnenden Kriegsvorbereitungen sowie dem
Kriegsbeginn wurden alle verfügbaren personellen, finanziellen und
materiellen Ressourcen für andere Maßnahmen benötigt und die
begonnenen Bauarbeiten wurden eingestellt.
Nach dem Ende des 2.Weltkrieges standen erstmal wichtigere
Baumaßnahmen an, als die Verwirklichung das Bodesperrensystems. Aber
bereits 1952 legte die junge DDR den Grundstein für die
Rappbodetalsperre und kurz darauf für ihre kleinen Schwestern. Das
Ostharz-talsperrensystem wurde zum Prestige-Projekt und 1959
erfolgreich in Betrieb genommen.
Dabei bildet die Rappbodetalsperre das Kernstück
des Talsperrensystems, zu dem 6 Talsperren gehören: die
Rappbodetalsperre mit den Vorsperren Hassel (bei Hasselfelde) und
Rappbode (bei Trautenstein), das Hochwasserschutzbecken Kalte Bode,
die Überleitungssperre bei Königshütte und die Talsperre Wendefurt.
Die Hauptaufgabe des Systems ist die
Bereitstellung von 250.000 Kubikmeter Trinkwasser/Tag für den
mitteldeutschen Raum sowie der Hochwasserschutz und der
Bereitstellung von Brauchwasser während der Trockenperioden.
Durch das Ausnutzen des Gefälles wird mit Hilfe von Turbinen
Energie erzeugt. Die beiden Kraftwerke können bis zu 5,6 MW
erzeugen. Die Talsperre Wendefurt dient nicht der
Trinkwasserbereitstellung und wird deshalb als Anlage zur
Naherholung mit Bootsbetrieb genutzt. Das Pumpspeicherwerk zur
Wendefurter Talsperre hat eine Ausbauleistung von 96 MW.
Weitere Informationen:
Rappbodetalsperre,
Überleitungssperre Königshütte,
Hasselvorsperre,
Rappbodevorsperre,
Talsperre
Wendefurth,
Harzdrenalin
Webcam - Rappbodetalsperre und Wendefurt:
www.talsperren-lsa.de/tsb/service/webcam.php
Link zu Google-Map:
https://maps.google.de/
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Bernd
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